News vom 13.02.2024Handwerk im Hafthaus
Kammervertreter besichtigten die JVA Heinsberg. Werkstatt-Tage am 12 und 13. März.
Heinsberg. Hohe Mauern mit einer Krone aus Stacheldraht versperren vom Parkplatz aus den Blick auf das Innere der JVA Heinsberg. Der glatte Beton dient vor allem dem Zweck, eine Flucht aus dem Vollzug zu verhindern. Zugleich bewirkt diese Sicherheitseinrichtung, dass das Leben der Menschen, die sich dauerhaft auf der anderen Seite dieser Barrieren aufhalten, in einem völlig isolierten Umfeld abläuft. Und so verwundert es nicht, dass sich um den Justizvollzug viele Mythen und Legenden ranken, die vielfach nur wenig mit dem Alltag zu tun haben.
Was an diesen Legenden dran ist, wie genau so ein Haftalltag aussieht und welche Angebote inhaftierte Menschen zur Vorbereitung auf die Entlassung in Anspruch nehmen können, davon wollten sich Ausbildungsberaterinnen und Ausbildungsberater der Handwerkskammern Aachen, Köln und Düsseldorf selbst ein Bild machen. Ergänzt wurde die Besuchsgruppe um den Vizepräsidenten der Arbeitnehmerseite des Westdeutschen Handwerkskammertages (WHKT), Alexander Hengst.
Mit 566 Haftplätzen ist die JVA Heinsberg die zweitgrößte Vollzugsanstalt für den geschlossenen Jugendvollzug in Deutschland. Hier verbüßen jugendliche Straftäter im Alter von 14 bis 24 Jahren ihre Haft. Die jungen Männer kommen überwiegend aus dem Großraum um die Städte Köln, Düsseldorf, Aachen und dem Ruhrgebiet. Der Leiter der JVA Heinsberg, Jochen Käbisch, und einige Bedienstete in Justizuniform erläuterten den Gästen zunächst detailliert den Aufbau der Vollzugsanstalt. Neben einem Schulzentrum gibt es verschiedene Werkstätten auf dem Anstaltsgelände, in denen qualifiziertes Ausbildungspersonal – im Regelfall Handwerksmeisterinnen und -meister, die eine ergänzende Vollzugsausbildung absolviert haben – den jugendlichen Inhaftierten einen von 17 unterschiedlichen Berufen überwiegend aus dem Handwerk näherbringt.
Auf dem Weg zur Metallwerkstatt machte sich eine gewisse Anspannung unter den Vertreterinnen und Vertretern der Handwerkskammern breit. Sie spekulierten, was sie wohl hinter der schweren Stahltür erwarten würde, die nur die Bediensteten mit ihren großen Schlüsseln öffnen können. In der hell erleuchteten Werkstatt fielen sofort die großen Werkbänke mit massiven Schraubstöcken ins Auge. Weiter hinten finden sich verschiedene Standbohrmaschinen, Abkant-, Dreh und Fräsbänke und eine computergesteuerte CNC-Fräsmaschine. Junge Männer in olivgrüner Anstaltsbekleidung begrüßten die Gäste freundlich. Nur diese Anstaltsbekleidung erinnert daran, dass sich dieser Raum im Innern einer Vollzugsanstalt befindet.
Nach einigen weiteren Erläuterungen durch den Ausbilder stellte sich ein Gefangener den Fragen der Besuchsgruppe. „Die Ausbilder sind manchmal sehr streng, weil sie auf jedes Detail meines Werkstücks achten. Aber ich weiß, dass sie es gut meinen, weil ich dadurch sehr viel lerne. Ich mache bald die Abschlussprüfung als Industriemechaniker und möchte nach meiner Entlassung sehr gern in einem metallverarbeitenden Betrieb arbeiten“, erzählte der junge Mann.
Weitere Eindrücke sammelten die Kammervertreterinnen und -vertreter in den Werkstätten für Kraftfahrzeugtechnik, Maler und Lackierer, Schweißtechnik, Straßenbau, Gärtnerei und Tischlerei, lernten die Außenanlagen mit den Sporteinrichtungen für die Gefangenen kennen und besichtigten ein Hafthaus mit verschiedenen Hafträumen.
Vizepräsident Hengst schilderte nach dem Besuch seine persönlichen Eindrücke und sprach damit wohl vielen aus der Seele, die an diesem Tag die JVA Heinsberg besichtigt hatten: „Ich hätte nie gedacht, dass es in einer Vollzugsanstalt diese umfassenden Möglichkeiten für die berufliche Qualifizierung von Inhaftierten gibt. Die Anzahl der Berufe, die Qualifikationen des Ausbildungspersonals und die Ausstattung der Werkstätten haben mich tief beeindruckt. Der Justizvollzug tut wirklich eine Menge dafür, dass die Inhaftierten ihre Zeit in der JVA sinnvoll nutzen und sich mit beruflicher Qualifizierung auf das Leben nach der Haft vorbereiten.“
Einig waren sich die Kammervertreter am Ende ihres Besuchs darin, dass sie gemeinsam die nächsten Werkstatt-Tage am 12. und 13. März in der JVA Heinsberg gerne unterstützen. Bei den Werkstatt-Tagen, die im Rahmen des Projekts „Handwerk im Hafthaus“ stattfinden, haben Betriebe die Möglichkeit, die JVA Heinsberg und die JVA Bochum-Langendreer zu besuchen, dort eigene Erfahrungen und Eindrücke zu sammeln sowie unverbindliche Gespräche mit Inhaftierten und Ausbildungspersonal zu führen.
Info: Weitere Informationen unter www.handwerk-im-hafthaus.de, telefonisch unter +49 211 3007-707 oder per Mail an peter.dohmen@whkt.de.